Verfahrensgrundsätze StPO

Schema

Unterteilen lassen sich die Verfahrensgrundsätze in:

 

- Grundsätze betreffend die Einleitung des Verfahrens


• Offizialprinzip
• Legalitätsprinzip
• Anklagegrundsatz/Akkusationsprinzip
• Anklagegrundsatz/Akkusationsprinzip
• Grundsatz des gesetzlichen Richters

 

- Grundsätze der Durchführung des Verfahrens


• Amtsermittlungsgrundsatz (Untersuchungsgrundsatz)
• Fair-Trial-Grundsatz
• Grundsatz des rechtlichen Gehörs
• Nemo-tenetur-Grundsatz
• Beschleunigungsgrundsatz/Konzentrationsmaxime
• Ne bis idem-Grundsatz

 

- Beweisgrundsätze


• Unmittelbarkeitsgrundsatz
• In dubio pro reo-Grundsatz
• Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung

 

- Grundsätze der Form


• Öffentlichkeitsgrundsatz
• Mündlichkeitsgrundsatz


a. Grundsätze betreffend die Einleitung des Verfahrens 
aa. Offizialprinzip
Das Offizialprinzip besagt, dass die Staatsanwaltschaft zur Erhebung der öffentlichen Klage berufen ist, vgl. § 152 I StPO. Beachte, dass ein Anklagezwang herrscht, wenn die Staatsanwaltschaft den Beschuldigten hinreichend verdächtigt, die Tat begangen zu haben (Anklagemonopol des Staates)! Eine Ausnahme des Offizialprinzips stellt die Privatklage gemäß §§ 347 ff. StPO dar.

 

bb. Legalitätsprinzip
Dem Legalitätsprinzip zu Folge, ist die Staatsanwaltschaft verpflichtet Ermittlungen aufzunehmen, sobald ein Anfangsverdacht entsteht, § 152 II StPO (Verfolgungszwang) und – bei hinreichendem Tatverdacht – öffentliche Klage zu erheben, § 170 I StPO (Anklagezwang). Durchbrochen werden kann das Legalitätsprinzip durch das Opportunitätsprinzip, wonach unter engen Voraussetzungen, eine Strafverfolgung eingestellt wird, vgl. §§ 153 ff. StPO.

 

cc. Anklagegrundsatz/Akkusationsprinzip
Gemäß § 151 I StPO kommt es erst durch die Klageerhebung (durch die Staatsanwaltschaft, vgl. § 152 II StPO) zu einer gerichtlichen Untersuchung. Das heißt, dass kein Gericht ohne eine solche Klageerhebung einfach entscheiden kann „sich einem Fall mal anzunehmen und der Sache auf den Grund zu gehen“, sie ist vielmehr auf die Zuarbeit der Staatsanwaltschaft als Herrin des Vorverfahrens angewiesen. Beachte, dass die Anklageerhebung auf Seiten der Staatsanwaltschaft geschieht; erst durch Eröffnungsbeschluss (§ 203 StPO) nimmt sich das Gericht der Sache an und die Strafsache wird rechtshängig (Meyer-Goßner/Schmitt, § 151 Rn. 1 f.).

 

dd. Grundsatz des gesetzlichen Richters
Nach dem Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 I S. 2 GG, § 16 S. 2 GVG), darf niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden! Ausnahmegerichte sind unzulässig. Die Zuständigkeit des Richters muss durch abstrakt-generelle Regelung im Voraus bestimmt sein (BVerfG 82, 286/298). 


Richter sind Amtsträger, die durch staatlichen Akt in das Richteramt berufen worden sind und rechtsprechende Gewalt ausüben (Jarass/Pieroth, Art. 101 Rn. 2).

 

b. Verfahrensgrundsätze
aa. Amtsermittlungsgrundsatz (Untersuchungsgrundsatz)
Der Amtsermittlungsgrundsatz (auch: Untersuchungsgrundsatz / Instruktionsprinzip / Inquisitionsmaxime) besagt, dass die Strafverfolgungsbehörden den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und aufzuklären haben, §§ 155 II, 160 II, 244 II StPO. Zwar beschränkt sich die Untersuchung und Entscheidung nur auf die in der öffentlichen Klage bezeichneten Tat und auf die in der Klage beschuldigte Person (vgl. § 151 I StPO), allerdings ist innerhalb dieser Grenzen eine selbstständige Tätigkeit erfordert, weshalb das Gericht an Beweisanträge der Verteidigung oder der Staatsanwaltschaft nicht gebunden ist, sondern eigene Beweise erheben kann und soll, um den tatsächlichen Geschehensablauf nachvollziehen zu können (Prinzip der materiellen Wahrheit). 


Im Zivilprozess hingegen tragen ausschließlich die Parteien vor, weshalb auch lediglich diese vorgebrachten Tatsachen entscheidungserheblich sind (Prinzip der formellen Wahrheit).

 

bb. Fair-Trial-Grundsatz
Der Fair-Trial-Grundsatz bezeichnet den Grundsatz des fairen Verfahrens und leitet sich aus Art. 20 III GG und Art. 6 I S. 1 EMRK ab.

 

cc. Grundsatz des rechtlichen Gehörs
Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs ist in Art. 103 I GG genannt. Der Betroffene muss die Möglichkeit haben, sich dem Gericht gegenüber erklären und zu den erhobenen Vorwürfen Stellung beziehen zu dürfen. So ist es ihm bspw. gestattet Beweisanträge zu stellen.

 

dd. Nemo-tenetur-Grundsatz (niemand muss an seiner eigenen Verurteilung mitwirken)
Nach dem nemo-tenetur-Grundsatz, welcher auf Art. 2 I iVm 1 I GG (APR) beruht, ist weder ein Zeuge noch der Beschuldigte (bzw. Angeklagte) verpflichtet sich selbst zu belasten/anzuklagen (nemo tenetur se ipsum accusare). Es darf geschwiegen werden! Beachte, dass Schweigen und Lügen (vgl. §§ 153 ff. StGB) zwei unterschiedliche Dinge sind (BVerfG 2 BVR 1337/03).

 

ee. Beschleunigungsgrundsatz/Konzentrationsmaxime
Da ein Strafverfahren für die Beteiligten und insbesondere natürlich für den Beschuldigten sehr belastend ist, gilt es, das Verfahren möglichst schnell durchzuführen.


Dieser Beschleunigungsgrundsatz ist in Art. 6 I S. 1 EMRK niedergeschrieben und (für die Hauptverhandlung) in § 228 I S. 1 Alt. 2, 229 I StPO manifestiert. Er gilt aber auch für die Untersuchungshaft, vgl. 121 StPO.
Überlange Strafverfahren können strafmildernd berücksichtigt werden, selten jedoch als strafausschließendes Verfahrenshindernis.

 

ff. Ne bis idem-Grundsatz
Der ne bis in idem-Grundsatz stellt eine zentrale strafprozessuale Verfahrensgarantie dar. Danach darf niemand ...

 


Quellen:
Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 65. Auflage 2022, § 151 Rn. 1 f.; § 152 Rn. 2; § 261 Rn. 5; Vor § 312 Rn. 1.
BVerfG 82, 286/298.
BVerfG 2 BVR 1337/03
Jarass/Pieroth, GG, 17. Auflage 2022, Art. 101 Rn. 2.
Fischer, Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 9. Auflage 2023, Rn. 50.

 


19.05.2023

Das vollständige Schema findest Du auf der heruntergeladenen PDF.
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