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Eheliches Güterrecht

Schema

Unter eheliches Güterrecht versteht man die Regelung der Vermögensverhältnisse zwischen Ehepartnern. Das Gesetz unterscheidet drei eheliche Güterstände:

 

1. Zugewinngemeinschaft (gesetzlicher Güterstand)
2. Gütertrennung
3. Gütergemeinschaft

 

1. Zugewinngemeinschaft (gesetzlicher Güterstand)
Die Ehegatten leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wenn sie nicht durch Ehevertrag (§ 1408 BGB) etwas anderes vereinbaren, § 1363 I BGB.
Die Zugewinngemeinschaft fußt auf drei Säulen:

 

a. Vermögenstrennung, § 1363 II S. 1, 1364 Hs. 1 BGB
Das jeweilige Vermögen der Ehegatten wird nicht deren gemeinschaftliches Vermögen; das gilt auch für Vermögen, das eine Ehegatte nach der Eheschließung erwirbt. Darüber hinaus verwaltet jeder Ehegatte sein Vermögen selbstständig.

 

b. Verfügungsbeschränkungen, §§ 1364 Hs. 2 BGB, 1365, 1369 BGB
Zwar verwaltet jeder Ehegatte sein Vermögen selbstständig, allerdings gibt es bestimmte Vermögensverwaltungsbeschränkungen (vgl. Wortlaut § 1364 BGB).
So kann sich ein Ehegatte – sinnigerweise – nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen (§ 1365 I S. 1 BGB – Verpflichtungsgeschäft) oder eine solche Verpflichtung zu erfüllen (§ 1365 I S. 2 BGB – Verfügungsgeschäft). § 1365 BGB enthält somit ein Verpflichtungs- und Verfügungsverbot , da der Familienschutz höher wirkt als der Rechtsschutz.

 

Beispiel:
Der E sieht seine Ehe mit M als gescheitert. Er möchte seiner neuen Flamme, der F, sein gesamtes Vermögen übereignen, damit im Falle der Scheidung mit M, diese aufgrund der Zugewinngemeinschaft nicht durch den Zugewinnausgleich profitieren kann.


E soll hier nicht in die Position versetzt werden, den Zugewinnausgleich zu umgehen, sodass im schlimmsten Fall die M am Ende mittellos dasteht (Familienschutz vor Rechtsschutz). Zu ihrem Schutz kann sie einen Anspruch auf vorzeitigen Zugewinnausgleich gemäß § 1385 Nr. 2 BGB geltend machen.

 

Was man in diesem Zusammenhang unter „Vermögen als Ganzes“ versteht, ist umstritten.

 

P: Vermögen als Ganzes
Nach der Gesamttheorie muss tatsächlich über das gesamte Vermögen verfügt werden. Beispielhaft hat E ein Unternehmen geerbt und war dem Erbe sehr knapp bei Kasse.

Nach der herrschenden Einzeltheorie bezieht sich Vermögen als Ganzes auch auf einzelne Vermögensgegenstände, wenn diese nahezu das ganze Vermögen bilden, allerdings nur, wenn der Vertragspartner dies weiß (ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal) (BGHZ 35, 135, 143; BGHZ 43, 174, 177).

 

Es ist eine Wertvergleich zwischen dem Vermögensgegenstand, über den verfügt werden möchte und dem verbleibenden Restvermögen anzustrengen. Angenommen wird, dass in Abhängigkeit des Gesamtvermögens 10-15% als verbleibendes Restvermögen ausreichen, und eine Verfügung als Ganzes nicht angenommen werden kann. (Quelle)

 

Die Einzeltheorie wird dem Familienschutz gerecht, weshalb sie zu bevorzugen ist. Außerdem ist es in der Realität üblich, dass sich einzelne Vermögenswerte anhäufen (bspw. Grundstück + Auto + Unternehmen).

 

P: Kenntnis des Dritten vom „Vermögen im Ganzen“
Die Einzeltheorie kann in der Praxis zu unbilligen Ergebnissen kommen, da im Zweifel einzelne Vermögenswerte (z.B. Auto) zwar wertvoll sind, aber prozentual gesehen eben nicht das Vermögen als Ganzes ausfüllen (s.o.). Entsprechend stellt sich die Frage, ob man dem durch eine Einschränkung Einhalt gebietet. Somit muss beantwortet werden, ob der Vertragspartner Kenntnis vom Rechtsgeschäft über das Vermögen im Ganzen haben muss.

 

Objektive Theorie
Eine Kenntnis des Dritten ist nicht erforderlich, eine Unkenntnis hat keine Relevanz. Dem Familienschutz ist in jedem Fall Vorrang zu gewähren. Außerdem wird im Gesetz kein subjektives Element gefordert, weshalb lediglich objektive Gesichtspunkte entscheidend sind.

 

Subjektive Theorie (h.M.)
Hiernach muss der Vertragspartner um den Umstand wissen, dass der Ehegatte über sein Vermögen im Ganzen verfügen möchte (BGH NJW 84, 609f). Die Einzeltheorie bedarf einer Einschränkung. Lediglich positives Wissen führt also dazu, dass der Vertragspartner nicht mehr so schutzwürdig ist, bzw. der Familienschutz als schutzwürdiger angesehen wird.

 

§ 1369 BGB ist inhaltlich enger gelagert als der § 1365 BGB und somit lex specialis. Dem Wortlaut nach sind auch hier Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte eines Ehegatten über ihm gehörende Gegenstände des ehelichen Haushalts ohne Einwilligung des anderen Ehegatten unwirksam. Gem. § 1369 III BGB gelten die Regelungen des §§ 1366 ff. BGB entsprechend. Vergleiche für vertiefendes Wissen bitte unser Skript § 1369 BGB – Verfügungen über Haushaltsgegenstände.

 

Beispiel:
E möchte seinen MacBook veräußern, den er und seine Ehefrau M regelmäßig nutzen.

 

c. Zugewinnausgleich im Fall der Beendigung der Zugewinngemeinschaft, § 1363 II S. 2 BGB
Die Beendigung der Zugewinngemeinschaft ist in folgenden Fällen möglich:

 

- Zu Lebzeiten durch


o Scheidung, §§ 1564 ff. BGB,
o Aufhebung, §§ 1313 ff. BGB,
o Vorzeitige Aufhebung der Zugewinngemeinschaft, §§ 1385, 1386 BGB

 

- Durch Tod eines Ehegatten

Nach § 1363 II S. 2 BGB wird der Zugewinn, den ...

 


Quellen:
Gesetzeslektüre
BGH, V ZB 1/88.
BGHZ 35, 135, 143.
BGHZ 43, 174, 177.
BGH NJW 84, 609f.

 


29.05.2023

Das vollständige Schema findest Du auf der heruntergeladenen PDF.
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