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Drittschadensliquidation (DSL)

Schema

In manchen Fällen kommt es zu einem Auseinanderfallen von Schaden und Anspruch aufgrund einer zufälligen Schadensverlagerung. Eine solche Schadensverlagerung kann in folgenden drei Fallkonstellationen relevant werden: 

 

(1) Obligatorische Gefahrentlastung durch Gefahrtragungsregeln 

Die wichtigsten Gefahrtragungsregeln sind § 447 BGB und § 644 BGB. 

 

Beispiel für § 447 BGB: Käufer K schließt mit Verkäufer V einen Kaufvertrag über das MacBook des V's. Es wird vereinbart, dass K den Laptop nicht abholen muss, sondern V ihn mit der DHL versendet. D, der Fahrer der DHL, zerstört den Laptop grob fahrlässig. 

 

(2) Mittelbare Stellvertretung 

 

Beispiel: Der Stellvertreter S schließt mit dem G in eigenem Namen aber auf fremde Rechnung des T's einen Kaufvertrag über eine Kiste Wein. S wird Vertragspartner, da er das Offenkundigkeitsprinzip nicht gewahrt hat. G lässt die Weinkiste grob fahrlässig fallen. S hat somit einen Anspruch gegenüber G, aber keinen Schaden, da nicht er, sondern der T zahlen muss. Dieser hat wiederum keinen Anspruch, aber einen Schaden. 

 

(3) Obhutsverhältnisse 

Beispiel: E gibt W seine Rolex. W schließt wiederum mit V einen Verwahrungsvertrag über diese Uhr. V fällt die Uhr runter, die daraufhin kaputt geht. E hat keinen (vertraglichen, wohl aber einen gesetzlichen) Anspruch, aber einen Schaden. W hat einen Anspruch, aber keinen Schaden. 

 

In einem Dreipersonenverhältnis gilt folgendes: 

 

(1) Der Schuldner (Schädiger) hat gegenüber seinem relativen Vertragspartner (Gläubiger) eine Pflichtverletzung begangen. 

 

(2) Durch eben diese Pflichtverletzung entsteht einem Dritten (Geschädigter) ein Schaden. Der Geschädigte hat allerdings aufgrund einer - aus der Sicht des Schädigers zu beurteilenden - zufälligen Schadensverlagerung weder aus Vertrag noch aus Gesetz einen Anspruch gegen den Schädiger oder den Gläubiger (Schaden ohne Anspruch). 

 

(3) Der Gläubiger hat zwar einen Anspruch gegen den Schuldner (Schädiger), selbst aber keinen - nach der Differenzhypothese gem. § 249 BGB - zu ermittelnden Schaden (Anspruch ohne Schaden), den er geltend machen kann. 

 

Im Grunde würde man also den Schädiger privilegieren, was unbillig ist. 

Um solch Ergebnisse zu korrigieren, gibt es das Konstrukt der Drittschadensliquidation.

 

"Der Schaden wird zum Anspruch gezogen" (nicht umgekehrt). 

 

Somit wird der schadlose Anspruchsinhaber (Gläubiger) zum geschädigten Anspruchsinhaber und hat somit einen zu beziffernden Anspruch gegen den Schädiger (Schuldner) aus §§ 280 I, 249 II BGB nach den Regeln der Drittschadensliquidation. Diesen Anspruch tritt er an den Geschädigten (Dritten) nach § 285 BGB analog ab, weshalb diesem nun gegenüber dem Schädiger ein Anspruch zusteht. 

 

 

Quellen: 

JA 2019, 729 ff. - Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte und Drittschadensliquidation. 

 

 

29.05.2023

Das vollständige Schema findest Du auf der heruntergeladenen PDF.
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