Schema
Merke: § 816 I S. 1 BGB stellt einen Spezialfall der Eingriffskondiktion (Nichtleistungskondiktion) dar und geht damit dem § 812 I S. 1 Alt.2 BGB als lex specialis vor. Zur Erinnerung: Ein Fall der Eingriffskondiktion liegt vor, wenn in Rechtsgüter eines anderen eingegriffen wird, deren Nutzung ausschließlich ihm vermögensrechtlich vorbehalten ist.
I. Verfügung
Eine Verfügung ist jedes Rechtsgeschäft, das auf eine Aufhebung, Übertragung, Belastung oder inhaltliche Veränderung eines Rechts gerichtet ist.
Beachte: Rein schuldrechtliche Geschäfte fallen hier nicht darunter! Eine Verfügung ist auf direkte Rechtsänderung an dem Recht gerichtet, wirkt also vielmehr dinglich.
P: Analoge Anwendung auf schuldrechtliche Geschäfte?
Besonders in den Fällen einer unberechtigten Untervermietung / Gebrauchsüberlassung wird diskutiert, ob § 816 I S. 1 BGB analog anzuwenden ist. Hiergegen spricht jedoch die allgemeine Handhabung des Begriffs der Verfügung, die gemeinhin als rechtsgestaltend und nicht als rechtsverpflichtend auszulegen ist. Ferner ergeben sich durch allgemeine Nichtleistungskondiktionen auch keine Rechtsschutzlücken.
(Wendehorst/BeckOKBGB, § 816 BGB Rn. 7)
II. Entgeltlichkeit der Verfügung
Die Verfügung an den Dritten muss entgeltlich erfolgen.
Ist sie unentgeltlich, so ist § 816 I S. 2 BGB einschlägig.
III. Nichtberechtigung
Nichtberechtigt ist derjenige, der keine Verfügungsbefugnis über das Recht hat. Eine Verfügungsbefugnis ergibt sich entweder daraus, dass derjenige selbst Rechtsinhaber ist oder, dass er vor der Verfügung zu dieser ermächtigt wurde, § 185 I BGB.
Beispiel:
Der Eigentümer ist grds. berechtigt, über seine Gegenstände zu verfügen. Ermächtigt er einen Dritten hierzu, ist auch dieser berechtigt, § 185 BGB. Eine Berechtigung zur Verfügung kann sich auch gesetzlichen Vorschriften wie § 80 InsO ergeben.
IV. Wirksamkeit der Verfügung gegenüber dem Berechtigten
Die Verfügung des Nichtberechtigten muss dem eigentlich Berechtigten gegenüber wirksam sein. Hier geht es meistens um die Fälle des gutgläubigen Erwerbs.
Beispiel:
A verleiht sein E-Bike an den sportbegeisterten B. Dieser fährt einige Male damit und verkauft und übereignet es dann an den gutgläubigen C.
Die Verfügung (§§ 929, 932 ff. BGB) ist rechtswirksam gegenüber A, da C gutgläubig ist. Insbesondere ist das E-Bike dem A auch nicht abhandengekommen (§ 935 BGB), da er es an B verliehen hat.
Auch möglich ist, dass der Berechtigte konkludent nach § 185 BGB die Verfügung nachträglich genehmigt. Dies kann dann der Fall sein, wenn die Rechtsfolge von
§ 816 I S. 1 BGB für ihn günstiger ist, beispielsweise, weil er das Recht aus anderen Gründen nicht mehr herausverlangen kann.
(Vertiefend hierzu Schwab/MüKoBGB, § 816 BGB Rn. 34 ff.)
V. Rechtsfolge
...
Quellen:
Wendehorst/BeckOKBGB, 65. Edition v. 01.02.2023, § 816 BGB Rn. 7.
Schwab/MüKoBGB, 8. Auflage 2020, § 816 BGB Rn. 34 ff. und Rn. 39 ff.
29.05.2023