§§ 677, 683 S. 1, 670 BGB – Echte berechtigte GoA

Schema

Merke: Die echte berechtigte GoA stellt einen Rechtsgrund iSd § 812 BGB, einen Rechtfertigungsgrund nach § 823 BGB und ein Recht zum Besitz bei dinglichen Ansprüchen, insb. also iRd §§ 985, 986 BGB, dar. In Fällen der Gefahrenabwehr gilt eine Haftungsprivilegierung nach § 680 BGB. 

 

I. Tatbestand 

1. Geschäftsbesorgung 

Ein Geschäft iSd §§ 677 ff. BGB ist jedes aktive Tätigwerden in eigener Person oder durch eine Hilfspersonen des Geschäftsführers (Sprau, § 677 Rn. 2). 

 

Bsp.: Löschen eines Brandes auf dem Grundstück des Nachbarn 

 

Bsp.: Versorgung des bewusstlos gewordenen Nachbarn 

 

2. Fremdheit des Geschäfts 

a. Objektiv fremdes Geschäft 

Ein objektiv fremdes Geschäft liegt vor, wenn das Geschäft bereits seinem Inhalt nach einem fremden Rechts- und Interessenkreis angehört (Sprau, § 677 Rn. 4). 

 

Bsp.: Hilfeleistung für Verletzte 

 

Bsp.: Bewusste Bezahlung fremder Rechnungen 

 

Bsp.: Gefahrenabwehr Bsp.: Vorbeilaufender Passant löscht Brand 

 

b. Subjektiv fremdes Geschäft 

Ein subjektiv fremdes Geschäft ist ein für den Geschäftsführer neutrales Geschäft, welches nach außen hin keinem Rechtskreis zuzuordnen ist. Damit sich der Fremdcharakter bejahen lässt, muss der Wille des Handelnden, für jemanden anderen tätig werden zu wollen, nach außen deutlich erkennbar hervortreten (Sprau, § 677 Rn. 5). 

 

Bsp.: A, die sich selbst vegan ernährt, kauft auf dem Wochenmarkt ein schönes Lachsfilet, weil sie weiß, dass ihre Nachbarin sich darüber freut. 

 

c. „Auch-fremdes“ Geschäft (Handeln im Doppelinteresse) 

Ein auch-fremdes Geschäft liegt vor, wenn der Geschäftsführer das Geschäft im eigenen und auch im Interesse einer anderen Person vornimmt, es also auch dem Recht- und Interessenkreis des anderen angehört (Sprau, § 677 Rn. 6). 

 

Bsp.: Der Mieter im Haus des Geschäftsherrn löscht einen Brand, um zu verhindern, dass seine eigenen Wohnung Feuer fängt. 

 

3. Fremdgeschäftsführungswillen des Geschäftsführers 

Der Geschäftsführer handelt mit Fremdgeschäftsführungswillen, wenn er das Bewusstsein (kognitives Element) und den Willen (voluntatives Element) hat, ein Geschäft als fremdes, mithin für einen anderen zu führen (Sprau, § 677 Rn. 3). 

 

a. Vermutung bei objektiv fremden Geschäften 

Aufgrund des Charakters des objektiv fremden Geschäfts besteht eine Vermutung des Fremdgeschäftsführungswillen. Diese kann allerdings widerlegt werden. 

 

b. Nachzuweisen bei subjektiv fremden Geschäften 

Erst durch den positiven Nachweis eines Fremdgeschäftsführungswillens, wird ein neutrales zu einem subjektiv fremden Geschäft. 

 

c. Vermutung bei „auch-fremden“ Geschäften 

Aufgrund des Charakters des auch-fremden Geschäfts besteht eine Vermutung des Fremdgeschäftsführungswillen (str.). Diese kann allerdings widerlegt werden. 

 

4. Ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung 

a. Ohne Auftrag 

b. Ohne Berechtigung 

aa. Interesse und wirklicher oder mutmaßlicher Wille, § 683 BGB 

Die Geschäftsführung muss im Interesse und im (wirklichen oder mutmaßlichen) Willen des Geschäftsherrn liegen; beide Tatbestandsmerkmale müssen kumulativ vorliegen, vgl. Wortlaut des § 683 BGB. Das Interesse des Geschäftsherrn ist nach objektiven Kriterien aus der Sicht eines verständigen Dritten zu bestimmen und stets eine Einzelfallentscheidung (BGH 47, 370/72). 

 

Der wirkliche Wille hat Vorrang und ist vor einem mutmaßlichen Willen zu prüfen. 

 

bb. Genehmigung, § 684 S. 2 BGB 

 

cc. Unbeachtlichkeit entgegenstehender Wille, § 679 BGB 

Würde ohne eine Geschäftsführung eine Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, oder eine gesetzliche Unterhaltspflicht des Geschäftsherrn nicht rechtzeitig erfüllt werden, so ist dies für eine berechtigte GoA unschädlich! 

 

II. Rechtsfolgen 

1. Ansprüche des Geschäftsführers gegen den Geschäftsherrn

a. Aufwendungsersatz, §§ 683 S. 1, 670 BGB 

Aufwendungen sind freiwillige Vermögensopfer. Zeit und Arbeitsaufwand stellen allerdings keine (!) Aufwendungen dar. Allerdings kann der Geschäftsführer seine Arbeitsleistung dann doch ersetzt bekommen, wenn er ein Geschäft geführt hat, welches zu seinem Beruf oder Gewerbe gehört. Dann gilt § 1835 III BGB in analoger Anwendung (Sprau, § 683 Rn. 8). 

 

Schäden sind dann zu ersetzen, wenn sie als risikotypische Begleitschäden entstanden sind, sich also das der Tätigkeit innewohnende spezifische Risiko realisiert hat (NJW-RR 15, 1064 Tz 23). 

 

b. Ausschluss des Anspruchs bei Schenkungsabsicht, § 685 BGB 

Wenn der Geschäftsführer von vornherein seine Aufwendungen überhaupt nicht ersetzt haben wollte, aber dennoch das Geschäft führt, so scheidet ein Ersatzanspruch aus. 

 

2. Ansprüche des Geschäftsherrn gegen den Geschäftsführer 

a. Herausgabe des durch die Geschäftsführung Erlangten, §§ 681 S. 2, 667 BGB 

b. Schadensersatzansprüche bei Pflichtverletzung der Pflichten aus §§ 667, 280 I BGB 

Beachte hierbei aber, dass die GoA im Rahmen des klassischen Anspruchsaufbaus des § 280 I BGB unter „Schuldverhältnis“ inzident zu prüfen ist. 

 

c. Auskunfts- und Rechenschaftspflicht, § 666 BGB 

 

 

Quellen: 

Sprau in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 80. Aufl. 2021, § 677 Rn. 2 ff.; § 683 Rn. 8 

BGH 47, 370/72. NJW-RR 15, 1064 Tz 23. 

 

 

29.05.2023

Das vollständige Schema findest Du auf der heruntergeladenen PDF.
Cookie Diese Website verwendet Cookies. Wenn Du weitersurfst, stimmst Du der Cookie-Nutzung zu.