§ 313 BGB – Störung der Geschäftsgrundlage

Schema

Merke: § 313 BGB ermöglicht die Anpassung des Vertragsinhaltes (Abs. 1, Anspruchsgrundlage) oder die Auflösung des Vertrages durch Rücktritt/Kündigung (Abs. 3, Einwendung) und grenzt die Vertragstreue (pacta sunt servanda) ein, wonach Verträge grundsätzlich einzuhalten sind. Sinn und Zweck des § 313 BGB ist es Risiken sachgerecht zu verteilen, die sich daraus ergeben, dass gewisse Umstände fehlerhaft beurteilt und im Vertrag nicht geregelt wurden (Brox/Walker, § 27 Rn.2.)


I. Tatbestand
1. Subsidiarität des § 313 BGB gegenüber:
a. Vertragsauslegung, §§ 133, 157 BGB
b. Unmöglichkeit, § 275 I BGB


P: Wirtschaftliche Unmöglichkeit, § 313 BGB anstatt § 275 II BGB
P: Praktische Unmöglichkeit auch § 275 II BGB neben § 313 BGB


c. Gewährleistungsrechte, §§ 434 ff. BGB
d. Irrtumsanfechtung, §§ 119 ff. BGB

2. Störung der Geschäftsgrundlage
Unter dem Begriff „Störung der Geschäftsgrundlage“ lässt sich der (nachträgliche) Wegfall (Abs. 1) subsumieren, aber auch ein anfängliches Fehlen der Geschäftsgrundlage (Abs. 2) (Jauernig/Stadler, 18. Aufl. 2021, BGB § 313 Rn. 3).

 

a. Umstände (§ 313 I BGB) oder Vorstellungen (§ 313 II BGB) als Geschäftsgrundlage
aa. Reales/tatsächliches Element
Das reale Element setzt voraus, dass mindestens eine Partei erkennbar bei Vertragsschluss vom Vorliegen eines Umstandes ausgeht und nicht vereinbart hat.

 

bb. Hypothetisches Element
Das hypothetische Element setzt voraus, dass die Parteien den Vertrag bei Kenntnis der Sachlage nicht bzw. anders geschlossen hätten.

 

cc. Normatives Element
Das normative Element setzt voraus, dass der Vertragspartner sich bei Kenntnis auf einen anderen Vertragsinhalt hätte einlassen müssen, weil der Umstand nicht allein in den Risikobereich der Partei fällt, die sich auf die Störung der Geschäftsgrundlage beruft.

 

b. Umstände schwerwiegend verändert, § 313 I BGB oder wesentliche Vorstellungen stellen sich als falsch heraus, § 313 II BGB
Klassische Fallkonstellationen sind:

 

Zweckstörung: 
Der Leistungserfolg kann noch herbeigeführt werden, allerdings hat der Gläubiger daran aufgrund erheblich veränderter Bedingungen kein Interesse mehr.
  
Doppelirrtum: 
Beide Parteien unterliegen demselben Irrtum. Eine Anfechtung ist ausgeschlossen (str.). 
  
Äquivalenzstörung: 
Die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung ist gestört, z.B. durch Inflation.

 

3. Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar
Ob ein Festhalten am unveränderten Vertrag zumutbar ist oder nicht, hat nach umfassender Interessenabwägung zu erfolgen, wobei neben den Nachteilen auch die Vorteile zu berücksichtigen sind, welche einer Partei zugutegekommen sind. Das Festhalten am Vertrag muss zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führen (BGH 133, 321, BGH NJW 95, 47, 592).

 

II. Rechtsfolge
1. Vertragsanpassung, Abs. 1
2. Rücktrittsrecht, §§ 346, 313 III S. 1
3. Kündigungsrecht (Dauerschuldverhältnis), § 313 III S. 2 BGB

 


Quellen:
Jauernig/Stadler, 18. Aufl. 2021, BGB § 313 Rn. 3.
BGH 133, 321.
BGH NJW 95, 47, 592.
Brox/Walker, SchuldR AT, 45. Auflage, 2021, § 27 Rn. 4 ff.
Looschelders, SchuldR AT, 20. Auflage, 2021, § 37

Zur Vertiefung:
Riesenhuber/Domröse, Der Tatbestand der Geschäftsgrundlagenstörung in § 313 BGB Dogmatik und Falllösungstechnik, JuS 2006, 673.

Fallbearbeitung:
Balzer/Kröll/Scholl, Die Schuldrechtsklausur: Kernprobleme der vertraglichen Schuldverhältnisse in der Fallbearbeitung (3. Auflage 2011).

 


29.05.2023

 

Das vollständige Schema findest Du auf der heruntergeladenen PDF.
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