§§ 280 I, III, 283, 275 IV BGB – Schadensersatz statt der Leistung

Schema

I. Tatbestand
1. Wirksames Schuldverhältnis, § 280 I S. 1 BGB
Da, anders als in § 311a I BGB nicht von einem „Vertrag“, sondern von einem Schuldverhältnis gesprochen wird, fallen unter §§ 280 ff. BGB rechtsgeschäftliche als auch gesetzliche Schuldverhältnisse (insb. GoA, EBV, unerlaubte Handlung, ungerechtfertigte Bereicherung).

 

2. Befreiung des Schuldners von seiner Leistungspflicht = Pflichtverletzung
a. Objektive oder subjektive nachträgliche Unmöglichkeit (§ 275 I BGB), oder

Objektive Unmöglichkeit = Niemand auf der Welt kann die Leistung erbringen, da z.B. die Sache verbrannt ist.

Subjektive Unmöglichkeit = Der Schuldner selbst kann die Leistung nicht erbringen, aber durchaus eine andere Person. So kann ein Dieb durchaus leisten, aber der bestohlene Schuldner nicht mehr.

 

b. Berechtigte Erfüllungsverweigerung durch Erhebung der Einrede, § 275 II, III BGB

 

3. Leistungshindernis entstand nach Vertragsschluss
4. Schuldner hat Leistungshindernis zu vertreten, § 280 I S. 2, 276 ff. BGB
Das Vertretenmüssen wird aufgrund der Pflichtverletzung vermutet, 
§ 280 I S. 2 BGB. Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten.

 

5. Schaden
Ersatzfähig ist das positive Interesse, der Erfüllungsschaden. Gemeint ist damit der Schaden, der dadurch entstanden ist, dass der Schuldner nicht ordnungsgemäß erfüllt hat. Entsprechend ist der Gläubiger so zu stellen, wie er stehen würde, wenn ordnungsgemäß erfüllt worden wäre.

 

Wie wird der Schaden ermittelt?

Grundsatz: Differenztheorie 
- Nach der Differenztheorie kann der Gläubiger als Schadensersatz die Differenz zwischen dem Wert der unmöglichen Leistung und seiner Gegenleistung verlangen.
- Die Verpflichtung der Gegenleistung entfällt dann.

 

Beispiel: 
A tauscht seinen gebrauchten Mercedes im Wert von 90.000 Euro gegen einen nagelneuen BMW  des B im Wert von 100.000 Euro. Wird der BMW durch Verschulden des B vor Lieferung gestohlen, kann A von B nach §§ 280 I, III, 283 BGB die Wertdifferenz von 10.000 als Schadensersatz verlangen und sein Auto behalten (Brox/Walker SchuldR § 22 Rn. 58ff.; Looschelders, § 29 Rn. 1ff.).

 

Ausnahme: Surrogationstheorie
- Die Surrogationstheorie findet Anwendung, sofern der Gläubiger noch Interesse am Erbringen seiner Gegenleistung hat.
- Das Austauschverhältnis bleibt dann erhalten.
- Der Schadensbetrag ersetzt den unmöglich gewordenen Gegenstand unabhängig von der Gegenleistung.


Beispiel: 
Wird nach Abschluss des Vertrages der BMW durch Verschulden des B gestohlen, so kann der Gläubiger (A) weiterhin den Mercedes liefern und anstelle des Anspruchs auf Übereignung des BMW dessen Wert iHv 100.000 Euro ersetzt verlangen (Brox/Walker, § 22 Rn. 58ff.; Looschelders, § 29 Rn. 1ff.).


Will A im obigen Fall sein Auto loswerden, so kann er den vollen Wert des Autos (100.000 Euro) verlangen (Wahlrecht des Gläubigers, vgl. BGHZ 20, 343).

 

6. Kausalität zwischen Leistungshindernis und Schaden
Zwischen der Pflichtverletzung/Leistungshindernis und dem Schaden (§§ 249 ff. BGB) muss ein Kausalzusammenhang bestehen.

 

II. Rechtsfolge
1. Schadensersatz statt der Leistung
Der Gläubiger kann Schadensersatz statt der Leistung verlangen, nicht jedoch daneben auch Ersatz seiner Aufwendungen (§ 284 BGB), da Aufwendungsersatz und Schadensersatz in einem alternierenden Verhältnis stehen, vgl. Wortlaut § 284 BGB.


Beachte auch § 283 S. 2, der auf § 281 I S. 2, 3 und IV BGB verweist. Schadensersatz statt der ganzen Leistung kann nur verlangt werden, wenn der Gläubiger an der Teilleistung kein Interesse hat und der nicht erbrachte Leistungsteil erheblich ist. Dann kann der Schuldner im Anschluss vom Gläubiger Rückforderung des Geleisteten verlangen, §§ 346 ff. BGB.


Beispiel:
A kauft bei B zehn schöne Jeans, die der A alle zehn an den Sammler C zu einem höheren Preis weiterverkaufen möchte. Nachdem A und B den Vertrag schließen, liefert B zunächst zwei Hosen. Am nächsten Tag brennt dessen Lager nieder. A hat kein Interesse an nur zwei Jeans, da er an C ausschließlich alle zehn Hosen als Paket verkaufen kann. Der B möchte dann aber entsprechend diese zwei Hosen von A zurückhaben.

 

2. Anschließend prüfen: Herausgabe des Ersatzes, § 285 BGB 
Der Gläubiger kann gem. § 285 BGB die Herausgabe des Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruches verlangen. Beachte aber auch § 285 II BGB, wonach sich ein paralleler Schadensersatzanspruch mindert, wenn die Herausgabe des Ersatzes verlangt wird.

 


Quellen: 
Brox/Walker SchuldR AT, 45. Auflage, 2021 §§ 22 Rn.50ff.; 58ff. 
Looschelders, SchuldR AT, 20. Auflage, 2021, § 27 Rn. 42ff.

Zur Vertiefung: 
Betz, Die Möglichkeit der Schadensberechnung entweder nach der Differenzmethode oder nach der Surrogationsmethode, JA 2006, 60.
Katzenstein, Der Schadenersatz statt der Leistung nach § 280 I und III, 281 bis 283 BGB, Jura 2005, 217.

 


29.05.2023

Das vollständige Schema findest Du auf der heruntergeladenen PDF.
Cookie Diese Website verwendet Cookies. Wenn Du weitersurfst, stimmst Du der Cookie-Nutzung zu.