§ 25 II StGB – Mittäterschaft (getrennte Prüfung)

Schema

Beachte: Wenn die Mittäter laut Sachverhalt unterschiedliche Tatbeiträge leisten, werden die Beteiligten getrennt geprüft, wobei mit der Strafbarkeit des Tatnächsten zu beginnen ist. Der oder die weiteren Beteiligten sind im Anschluss daran zu prüfen. Dabei stellt sich unter dem Prüfungspunkt des objektiven Tatbestandes, konkreter unter dem Punkt der gemeinsamen (arbeitsteiligen) Tatbegehung die klassische Frage nach der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme. Beachte, dass eine Zurechnung nach § 25 II StGB dort nicht zu thematisieren ist, wo der Tatbeteiligte selbst alle Tatbestandsmerkmale in eigener Person verwirklicht.


A. Strafbarkeit des Tatnächsten
B. Strafbarkeit eines weiteren Beteiligten als Mittäter gem. § 25 II StGB
I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a. Verwirklichung der objektiven Tatbestandsmerkmale des konkreten Delikts
b. Tathandlung, die der Beteiligte nicht selbst verwirklicht hat, welche aber über § 25 II StGB zugerechnet werden muss
Im Gutachten würde man dann in etwa schreiben: „A hat C allerdings nicht selbst getreten. Fraglich ist, ob dem A der Tritt des B im Wege der wechselseitigen Zurechnung gem. § 25 II StGB zugerechnet wird. Um Mittäter zu sein, müssen A und B einen gemeinsamen Tatplan gehabt und die Tat gemeinsam ausgeführt haben.“ (JuS 2020, 731)

 

aa. Gemeinsamer Tatplan
Zwei oder mehrere Personen verabreden sich ernsthaft, eine bestimmte Tat gemeinsam zu begehen. Dies kann ausdrücklich oder konkludent erklärt werden. Die Zustimmung kann auch noch im Moment der Tatbestandsverwirklichung erfolgen (JuS 2020, 731).

 

bb. Gemeinsame (arbeitsteilige) Tatbegehung
Nach § 25 II StGB wird dann „jeder als Täter bestraft, wenn mehrere die Straftat gemeinschaftlich begehen“. Eine gemeinsame (arbeitsteilige) Tatbegehung setzt einen eigenen Tatbeitrag des Beteiligten voraus und eine Einstufung des Beteiligten als Mittäter.

 

(1)  Eigener Verursachungsbeitrag des Beteiligten
P: Sukzessive Mittäterschaft
P: Vorbereitungs- und/oder Unterstützungshandlung anstatt Mitwirkung am Kerngeschehen

 

Zu P: Sukzessive Mittäterschaft
Bei dem Problem der sukzessiven Mittäterschaft stellt sich die Frage, ob jemand Mittäter im Sinne von § 25 II StGB sein kann, wenn er seinen Tatbeitrag erst zwischen Vollendung und Beendigung des Delikts leistet. Sprich der vermeintliche Mittäter stößt erst im laufenden Geschehen dazu und ist an der Tat nicht von Beginn an beteiligt (MüKoStGB/Joecks/Scheinfeld, § 25 Rn. 208 ff.).

 

Beispiel: 
A ist in ein Haus eingebrochen und hat dort mehrere Wertgegenstände gestohlen. Als er aus dem Haus herausklettert, ist die Polizei schon fast vor Ort. B, der das Geschehen aus seinem Wagen beobachtet hat, bietet dem A gegen einen Teil der Beute an, ihn vom Tatort wegzufahren und das Diebesgut zu verstauen. Kann B hier Mittäter gem. §§ 242, 244, 25 II StGB sein?

 

Meinung 1:
Teilweise wird vertreten, es gebe keine sukzessive Mittäterschaft.

 

Argumente:
Durch eine sukzessive Mittäterschaft würde man einen rückwirkenden Vorsatz kreieren. Jemand könne aber keinen Vorsatz auf eine Tat haben, von der er zu ihrem Tatbeginn noch gar keine Kenntnis hatte. Weiterhin habe in den Fällen der sukzessiven Mittäterschaft in der Regel der andere die alleinige Tatherrschaft, da der vermeintliche Mittäter erst später im Geschehen dazustößt. Dann leiste dieser aber keinen täterschaftlichen Beitrag, sondern höchstens eine Beihilfe im Sinne von § 27 StGB.

 

Meinung 2:
Die Rechtsprechung und größere Teile der Lehre haben die sukzessive Mittäterschaft anerkannt, wenn der Mittäter Kenntnis von der Tat hat, diese billigt und einen eigenen Tatbeitrag leistet.

 

Argumente:
Zum Zeitpunkt des Dazustoßens sei das Delikt eben „nur“ vollendet aber eben noch nicht beendet. Also ist auch zu einem späteren Zeitpunkt (sukzessiv) eine Mittäterschaft gemäß § 25 II StGB möglich.

 

Zu P: Vorbereitungs- und/oder Unterstützungshandlung anstatt Mitwirkung am Kerngeschehen
Für einen geeigneten Tatbeitrag gemäß § 25 II StGB reicht es aus, wenn der Mittäter einen wesentlichen Beitrag im Vorbereitungsstadium der Tat beiträgt. Ein Mittäter im Sinne von § 25 II StGB muss nicht unbedingt an der konkreten Tatausführung mitwirken (MüKoStGB/Joecks/Scheinfeld, § 25 Rn. 214 ff.).

 

(2) Täterschaft oder Teilnahme    
P: Abgrenzung Täterschaft und Teilnahme
Streitig ist, unter welchen Voraussetzungen eine gegenseitige Zurechnung in Frage kommt.

 

Meinung 1: Tatherrschaftslehre (herrschende Literaturansicht)
Nach der Tatherrschaftslehre ist Täter derjenige, der die Tat beherrscht, das Tatgeschehen „in Händen hält“, über „Ob“ und „Wie“ der Tat maßgeblich entscheidet und somit „Zentralgestalt des Geschehens“ der Tatbestandsverwirklichung ist. Dabei kann der Tatbeitrag im Stadium der Planung und/oder im Rahmen der Ausführung stattfinden. 


Teilnehmer ist entsprechend derjenige, der lediglich Randfigur des Geschehens ist und dessen Mitwirkung sich in dem Hervorrufen des Tatentschlusses (Anstifter) oder dem Hilfeleisten (Beihilfe) erschöpft.
                            
Meinung 2: Normative Kombinationslehre (BGH)
Der BGH rückte nach und nach von der früher vertretenen subjektiven Theorie ab, wonach Täter derjenige ist, der mit Täterwillen handelt und die Tat als eigene will (animus auctoris) und Teilnehmer derjenige, der mit ...

 


Quellen:
Fischer, 67. Aufl. 2020, StGB § 25 Rn. 26 f.
Roxin, Täterschaft und Teilnahme, 10. Auflage 2019, II, 25/27.
Münchener Kommentar zum StGB / Joecks/Scheinfeld, 4. Aufl. 2020, § 16 Rn. 99; § 25 Rn. 208 ff.; 214 ff.; 239.
JuS 2020, 731, 733.
NStZ 1995, 285.

 


19.05.2023

Das vollständige Schema findest Du auf der heruntergeladenen PDF.
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