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§§ 242 I, 243 I 2 Nr. 1 – 7 StGB – Besonders schwerer Fall des Diebstahls

Schema

Merke: § 243 StGB ist eine Strafzumessungsregel und kein eigener Straftatbestand. In dieser Norm sind in einem nicht abschließenden Katalog sog. Regelbeispiele aufgelistet, die der Gesetzgeber als besonders strafwürdig erachtet. Ist ein Regelbeispiel einschlägig, wird ein besonders schwerer Fall des Diebstahls bejaht, da das Erfolgs- bzw. Handlungsunrecht der Tat gesteigert ist.

 

I. Prüfung des § 242 I StGB
1. Wegnahme einer fremden beweglichen Sache
2. Subjektiver Tatbestand
3. Rechtwidrigkeit und Schuld

 

II. Strafzumessungsregeln, § 243 StGB


P: Grunddelikt versucht und Regelbeispiel ebenfalls „versucht“ (JA 2006, 309 (314))
P: Grunddelikt versucht und Regelbeispiel beendet (JA 2006, 309 (314))

Zu P: Grunddelikt versucht und Regelbeispiel ebenfalls „versucht“

 

Beispiel:
A möchte durch ein offenes Fenster eines Geschäftsraumes einsteigen und den Geldbeutel mitnehmen, den er durch das Fenster auf einem Stuhl sehen kann. Enttäuschend muss er feststellen, dass er während der Coronapandemie das ein oder andere Kilo zugelegt hat und gar nicht durch das Fenster passt.

 

Zu prüfen ist §§ 242, 22, 23, 243 StGB, wobei zunächst bezogen auf die Vorprüfung (§ 242 II StGB) Tatentschluss und unmittelbares Ansetzen zum Diebstahl zu beantworten ist.

Im Rahmen der Strafzumessungsregeln ist dann zu fragen, ob ein Versuch eines Regelbeispiels möglich ist. Ist dem zuzustimmen, dann hätte sich A nach §§ 242, 22, 23, 243 StGB strafbar gemacht, ansonsten nur nach §§ 242, 22, 23 StGB.

 

Meinung 1: Ja (BGH)
Da Regelbeispiele zumindest tatbestandsähnlich sind und somit begangenes Unrecht qualifizieren (wie dies auch im Fall einer Handlungsqualifikation der Fall ist), kann auch ein Regelbeispiel versucht werden. Es kann nicht sein, dass dieses Mehr an Unrecht nicht bestraft wird.

 

Meinung 2: Nein (Lit. / hM)
Es gibt keinen Versuch eines Regelbeispiels. Die Argumentation des BGH führt zu einer Analogie zu Lasten des Täters, was mit Art. 103 II GG nicht vereinbar ist. Darüber hinaus ist der Unwertgehalt eines vollendeten Regelbeispiels bereits nicht erreicht worden. Folglich käme vorliegend nur eine Strafbarkeit aus §§ 242, 22, 23 StGB in Betracht.

 

Zu P: Grunddelikt versucht und Regelbeispiel beendet
Beispiel:
A hebelt mit seinem Brecheisen eine Kellertür des KaDeWe‘s im Westen Berlins auf und schleicht sich Richtung eines exklusiven Luxusshops. Im 2. Stock wird er durch den Wachmann gestellt.

Streitig ist, ob sich A nach §§ 242, 22, 23, 243 I Nr. 1 StGB strafbar gemacht hat, konkreter, ob eine Verwirklichung des Regelbeispiels ein unmittelbares Ansetzen zur Wegnahme führt.

Beachtet werden muss, dass nur § 243 I Nr. 1, 3 StGB vor der Wegnahme überhaupt verwirklicht werden können, die anderen Regelbeispiele fallen mit der Wegnahme zusammen.

 

Meinung 1: Ja
Ansonsten würde die kriminelle Energie des Täters nicht bestraft werden.

 

Meinung 2: Nein (hM)
Arg.: Strafzumessungsregeln rechnen eine Strafe zu, begründen diese aber nicht.
Arg.: Es kann zu einer starken Vorverlagerung der Strafe kommen, wenn nämlich bspw. der Keller aufgebrochen wird, das Diebesgut sich aber im 20. Stock befindet.

Entsprechend führt die Verwirklichung des Regelbeispiels nicht auch gleichzeitig zum unmittelbaren Ansetzen zur Wegnahme. Diskutiert werden kann dann unter Umständen, ob der Täter schon bereits dann zur Wegnahme ansetzt, als er das Tatobjekt hinreichend individualisiert und „ins Auge gefasst hat“.

 

1. Objektive Merkmale
a. Zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbrechen, einsteigen, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringen oder sich in dem Raum verborgen halten, Nr. 1

 

Ein umschlossener Raum ist jedes Raumgebilde, das dazu bestimmt ist, von Menschen betreten zu werden und das mit mindestens teilweise künstlichen Vorrichtungen zur Abwehr des Eindringens Unbefugter umgeben ist.

 

Ein Gebäude ist ein durch Wände und Dach begrenztes, mit Grund und Boden fest verbundenes Bauwerk, das den Eintritt von Menschen ermöglicht.

Geschäftsräume sind abgeschlossene (auch mobile) Betriebs- und Verkehrsstätten, die vorübergehend oder dauernd gewerblichen, künstlerischen, wissenschaftlichen oder ähnlichen Zwecken dienen, vgl. § 123 StGB.

 

Einbrechen ist die gewaltsame, aber nicht unbedingt substanzverletzende Öffnung eines dem Zutritt entgegenstehenden Hindernisses.

 

Einsteigen meint das Hineingelangen in einen geschützten Raum auf einem dafür nicht vorgesehenen Weg.

 

Unter Eindringen versteht man das Hineingelangen in einen geschützten Raum mit zumindest einem Teil des Körpers.

 

Ein Schlüssel ist neben dem klassischen Schlüssel jedes mechanische oder auch elektronische Instrument zum Öffnen eines Schlosses.

 

Ein Schlüssel ist falsch, wenn er zum Zeitpunkt der Tat vom Berechtigten nicht zur Öffnung bestimmt ist. Ein Bestimmen fordert eine (auch konkludente) Widmung und endet durch Entwidmung, die ebenfalls konkludent geschehen kann.

 

P: Sind verlorene oder vergessene Schlüssel entwidmet? (vgl. Bosch, § 243 Rn. 14)
P: Wurde ein Zweitschlüssel gewidmet? (vgl. Fischer, § 243 Rn. 8a)

Ein anderes nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmtes Werkzeug, ist ein jedes Instrument, das auf den Schließmechanismus ordnungswidrig einwirkt und in Bewegung setzt und dabei kein Schlüssel ist.


Der Täter hält sich dann verborgen, wenn er sich versteckt und sich somit den Blicken arglos Eintretender entzieht.

 

b. Eine Sache stehlen, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist, Nr. 2

Ein Behältnis ist jedes zur Aufnahme von Sachen dienendes und dieses umschließendes bewegliche oder unbewegliche Raumgebilde, dass gerade nicht dazu bestimmt ist von Menschen betreten zu werden.

 

Verschlossen ist ein Behältnis, wenn es mittels Schutzvorrichtung gegen ordnungswidrigen Zugriff gesichert ist und zur Tatzeit auch tatsächlich verschlossen ist.

 

Eine andere Schutzvorrichtung ist jede Schutzvorrichtung, die ihrer Art nach geeignet und bestimmt ist, die Wegnahme einer Sache mindestens zu erschweren und nicht bereits unter Nr. 1 fällt. Bsp.: Sicherungschip in Bekleidungsgeschäften.

 

Eine Sache ist dann gegen Wegnahme besonders gesichert, wenn ...

 


Quellen:
Rengier, Strafrecht Besonderer Teil I, Vermögensdelikte, 21. Auflage 2019, § 3, Rn. 10 ff.
Fischer, 67. Aufl. 2020, StGB § 243 Rn. 4 – 26.
Bosch in: Schönke/Schröder, 30. Aufl. 2019, StGB § 243 Rn. 52 ff.
JA 2006, 309 (314).

 


19.05.2023
 

Das vollständige Schema findest Du auf der heruntergeladenen PDF.
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