§ 226 StGB – Schwere Körperverletzung

Schema

Hinweis: Es handelt sich bei § 226 StGB um ein erfolgsqualifizierendes Delikt zu § 223 I StGB bzw. §§ 223 I, 224 I StGB. Der Regelfall des § 226 StGB ist, dass der Täter bezogen auf die Körperverletzung vorsätzlich handelt, hinsichtlich der schweren Folge, für die bereits fahrlässiges Handeln nach § 18 StGB genügt, aber gerade nicht. Handelt der Täter bezogen auf die schwere Folge sogar absichtlich oder wissentlich, so greift § 226 II StGB.


I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a. Verwirklichung einer Körperverletzung nach § 223 I StGB bzw. § 223 I, 224 I StGB (Grunddelikt)


b. Eintritt einer qualifizierenden Folge nach § 226 I Nr. 1 – 3 StGB
aa. Verlust des Sehvermögens auf einem Auge oder beiden Augen, des Gehörs, des Sprechvermögens oder der Fortpflanzungsfähigkeit, Nr. 1

Verlust des Sehvermögens auf einem oder auf beiden Augen ist die Aufhebung der Fähigkeit, mittels der Augen Gegenstände visuell wahrnehmen zu können, wobei es nicht auf einen totalen Verlust des Sehvermögens ankommt. Vielmehr reicht es aus, dass die Sehkraft nur noch 5 - 10 % des Normalzustandes erreicht (vgl. OLG Hamm GA 1976, 304).

Verlust des Gehörs ist der Verlust der Fähigkeit, artikulierte Laute akustisch zu verstehen (Taubheit). Das Wort „Gehör“ meint hier jedoch die Hörfähigkeit an sich. Taubheit auf einem Ohr ist nicht ausreichend.

 

Verlust des Sprechvermögens ist der Verlust der Fähigkeit zu artikuliertem Reden (Stummheit).

 

Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit ist der Verlust der Fähigkeit der männlichen Zeugungsfähigkeit oder der weiblichen Empfängnisfähigkeit.

 

bb. Verlust eines wichtigen Gliedes des Körpers oder dauerhaftes nicht-mehr-gebrauchen-Können eines solchen, Nr. 2
Ein Glied ist jedes Körperteil, das nach außen in Erscheinung tritt, mit dem Körper verbunden ist und für den Gesamtorganismus eine besondere Funktion erfüllt.
Hierunter fallen auch die Ohrmuschel und die Nase (MDR/D 57, 267).

 

Ein Glied ist dann wichtig, wenn es für den Gesamtorganismus Bedeutung hat. 


P: Abstrakte oder konkrete körperliche Bedeutung? 
P: Auch Betrachtung anhand anderer Merkmale außerhalb des Körpers?

 

Zu P: Abstrakte oder konkrete körperliche Bedeutung?
Hier bietet es sich an, die Wichtigkeit für den Gesamtorganismus konkret-individuell zu bestimmen. 


z.B.: Ein Teil des Mittelfingers ist dann wichtig für den Gesamtorganismus, wenn bereits andere Finger/Fingerteile vorher gefehlt haben, etwa durch einen Geburtsfehler.

 

Zu P: Auch Betrachtung anhand anderer Merkmale außerhalb des Körpers? 
Ob soziale Attribute (beispielsweise der Beruf) für die Wichtigkeit ausschlaggebend sind, ist nicht abschließend geklärt. Hier kann mit entsprechender Argumentation beides vertreten werden.


Bsp: Kleiner Finger für einen Pianisten/eine Pianistin.

 

Unter Verlust versteht man die völlige, möglicherweise erst durch eine ärztlich indizierte Amputation geschehene Abtrennung des Gliedes vom Körper. Gleichbedeutend ist die dauernde Gebrauchsunfähigkeit des Gliedes.

 

cc. Dauerhafte Entstellung in erheblicher Weise oder Verfallen in Siechtum, Lähmung, Krankheit oder Behinderung, Nr. 3
Dauerhaft bedeutet endgültig oder auf unabsehbare Zeit.

 

P: Weitergehende medizinische Heilmöglichkeiten 
Es ist problematisch, ob medizinische Heilmöglichkeiten, wie Schönheitsoperationen hier Berücksichtigung finden. Die unmittelbar auf die Verletzung folgende ärztliche Behandlung ist damit ...

 


Quellen:
Definitionen des § 226 Nr. 1 – 3 hier nachzulesen: Fischer, 67. Aufl. 2020, StGB § 226 Rn. 2 ff. Und hier: Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, 30. Aufl. 2019, StGB § 226 Rn. 1a ff.
Rengier, Strafrecht Besonderer Teil II, Delikte gegen die Person und die Allgemeinheit, 20. Auflage 2019, § 16 Rn. 9 f.
OLG Hamm GA 1976, 304.
MDR/D 57, 267.
Aufbau und Definitionen eines Fahrlässigkeitsdelikts: JuS 2012, 16.

 


19.05.2023
 

Das vollständige Schema findest Du auf der heruntergeladenen PDF.
Cookie Diese Website verwendet Cookies. Wenn Du weitersurfst, stimmst Du der Cookie-Nutzung zu.